Zivilisierte Cocktails

Ein Beispiel aus der Literatur:
Wenn Frederic Henry, der Held von Ernest Hemingways Roman "Farewell to Arms" sich nach den barbarischen Leiden des ersten Weltkrieges in einer großstädtischen Bar absetzt, trinkt er zum Trost ein paar trockene Martinis:
"I had never tasted anything so cool and clean. They made me feel civilized."
Gerade in Zusammenhang mit dem klassischen Martini Dry (Gin, trockener Vermouth, Olive) taucht das Wort civilized immer wieder auf.
Der Martini ist bei Hemingway ein Statussymbol der verfeinerten urbanen Zivilisation. Man könnte diesen semiotischen Aspekt als das James Bond-Gefühl bezeichnen.
Andererseits werden Cocktails immer wieder in Zusammenhang gesehen mit dem Abstieg in den Alkoholismus.
In Jack Londons Roman Burning Daylight fängt die Hauptperson, um den Stress seines geschäftlichen Erfolgs zu entfliehen, an, Cocktails zu kippen.
Zitat: "Hier sitze ich, der dreißigfache Millionär, und schufte mich Tag für Tag mehr ab als ein Dutzend von den Leuten, die für mich arbeiten, und alles was ich davon habe, sind zwei Mahlzeiten, die mir nicht schmecken, ein Bett und ein Liter Martini."

Jack London, der im Alter von 40 Jahren seiner Alkoholsucht erlag, pflegte selbst in großen Mengen Martinicocktails zu trinken, die ihm von einem Bartender ins Haus gebracht wurden. In seinem Fall ist der Cocktail keineswegs ein Symbol der verfeinerten Zivilisation und des sozialen Erfolgs, sondern steht er für Isolierung,
für Trinksucht und für Untergang.

home zurück weiter