Transzendentale Gastronomie

Vor 1800 beschränkte sich die Literatur zum Essen und Trinken nämlich im wesentlichen auf Rezepte oder auf medizinische Diätempfehlungen. Die alten klassischen Vorbilder für diese einfachen Gebrauchstexte waren das Kochbuch des römischen Autors Apicius sowie die Gesundheitsregeln des griechischen Arztes Galen.
Um 1800 bildet sich ein neues literarisches Genre heraus: die geistreiche Literatur über das verständige Essen, über die Gastronomie.
Das berühmteste Beispiel ist "La Physiologie du Gout", "Die Physiologie des Geschmacks", 1825 vom Feinschmecker Jean-Anthelme Brillat-Savarin veröffentlicht.
Obwohl Brillat-Savarin dem Leser einige Rezepte mitgibt, sprengen seine "Betrachtungen über transzendentale Gastronomie", so der Untertitel, das Genre des Kochbuchs, mit Aphorismen, Bon-Mots, Anekdoten, autobiographischen Enthüllungen, Definitionen und ernsthaften oder ironischen Betrachtungen. Ähnliches gilt auf deutscher Seite etwa für Karl Friedrich von Rumohr, dessen origineller und kurioser Geist der Kochkunst drei Jahre eher, im Jahre 1822 erschien.
Die Entstehung dieser gastronomischen Gattung vollzog sich vor einem bestimmten gesellschaftlichen Hintergrund.
Erstens kam eine neue Art von Gaststätten auf, die sog. Restaurants, und elegant auswärts essen zu gehen wurde zu einem festen Bestandteil des bürgerlichen Lebens.
Zweitens wurde um 1800 die französische haute cuisine zunehmend kodifiziert und rationalisiert, wobei wissenschaftliche und technische Fortschritte genutzt wurden, um die Speisen appetitanregender und leichter verdaulich zu machen.

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